Knochenarbeiten der frühen Germanen
  Der Kamm
 

Der Kamm in der Kulturgeschichte

Kämme zählen zwar nicht zu den bedeutendsten Gegenständen der materiellen Kultur, wirken dagegen aufgrund ihrer Funktion als ständiger und nahezu allgegenwärtiger Bedarfsgegenstand des Menschen unabhängig von ökonomischen, geographischen und anderen Faktoren.

 

Obgleich bereits einzelne jungpaläolithische Frauenplastiken eine Haarpflege verraten, was die Annahme erlaubt, dass zumindest seit dieser Zeit Kämme in Gebrauch waren, erscheinen die ältesten Überreste von Kämmen erst viel später.




Kamm aus Estland (Aesti) Museum Tallinn 1. Jh. v. Chr.


Noch für das Neolithikum sind Kämme selten belegbare Gegenstände. Vereinzelte Knochenkammfunde sind aus dem Neolithikum, z.B. aus dem Bereich der Linienbandkeramik bekannt. Der größte europäische Komplex mit Kämmen, die allesamt aus dem elastischen Eibenholz hergestellt wurden, stammt aus jungsteinzeitlichen Kulturen des 4. und 3. Jts. v. Chr. in der Schweiz. Die Verschiedenheit und der Typenreichtum der dortigen Funde zeigen deutlich, dass es sich um Gegenstände des allgemeinen Bedarfs und einer handwerklichen Produktionstradition handelt. 





Aus der älteren Bronzezeit in Dänemark blieben unter außergewöhnlich günstigen Bedingungen dekorative Hornkämme erhalten. Eine Ausnahme in der Bronzezeit ist die Herstellung von Metallkämmen. Holzkämme können durch die Bronzezeit hindurch weiter verfolgt werden. Zeugnis vom allgemeinen Gebrauch der Kämme legen auch im Moor und aus Gräbern in Norddeutschland und Dänemark erhaltene menschliche Haartrachten ab. In der Eisenzeit Dänemarks können bei den Moorfunden mehrere Frisurtypen unterschieden werden. Ein nur aus einfachem Holz hergestellter Kamm stammt aus einem Fürstengrab mit reichen Goldbeigaben der Hallstattzeit in Hochdorf bei Stuttgart (etwa 430 v. Chr.). 




Zweiseitiger Holzkamm nach dem Hochdorf - Fund

Ebenso beweisen die zahlreichen Darstellungen keltischer Haartracht, dass Einzelfunde von Metallkämmen lediglich archäologische Randerscheinungen neben den damals gebräuchlicheren, aber nur selten erhaltenen Kämmen aus organischem Material sind. Eine merkliche Zunahme von Kämmen in archäologischen Funden lässt sich in Mitteleuropa vom 1. bis 6. Jh. n. Chr. beobachten. Vorwiegend in Gräbern erscheinen in der älteren Römischen Kaiserzeit wiederholt zahlreiche einteilige Knochenkämme, seit der jüngeren Römischen Kaiserzeit dann sicher bereits in der Werkstatt hergestellte , mit Nieten verbundene Dreilagenkämme. Völlig am Rande treten auch Bronzekämme auf. Vereinzelt gibt es später Stücke aus Eisen. In Mitteleuropa blieben angesichts der ungünstigen Bodenbedingungen frühgeschichtliche Holzkämme wiederrum nur vereinzelt, unter außergewöhnlichen Umständen, erhalten. Ein ursprünglich größeres Vorkommen ist anzunehmen. Im Neolithikum und im Grunde auch in der gesamten Vorgeschichte spiegeln die Häufigkeit und Verbreitung der Funde nicht die einstigen Verhältnisse wider, sondern die archäologischen Belege zeichnen eigentlich vorwiegend nur die Gebiete und Perioden auf, wo außergewöhnlich gute Bedingungen für die Erhaltung der Gegenstände aus organischen Stoffen existierten.




 
Eine zuverlässigere archäologische Interpretation von Verbreitung und Häufigkeit der gefundenen Kämme, etwa ab der Römischen Kaiserzeit, wird durch andere Voraussetzungen , wie etwa Massenproduktion, ermöglicht. Mit der unvollständigen und lückenhaften archäologischen Überlieferung von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter im Widerspruch zur wahrscheinlichen Kontinuität und allgemein üblichen Verwendung steht der Kamm nicht allein, sondern er kann in dieser Hinsicht als typisches Beispiel für viele Fundgattungen gelten. Daraus ergibt sich in Zukunft für derartige Fragestellungen, dass besonders Fundplätze mit günstigen Erhaltungsbedingungen für organisches Material eine wichtige Rolle spielen und dass die vergänglichen Bestandteile der materiellen Hinterlassenschaften bei der archäologischen Interpretation nicht außer acht gelassen werden dürfen, um so unerklärliche Fundreste möglicherweise noch einem ursprünglichen Zusammenhang zuweisen zu können. 




 
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